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Rückkehr der 1. Expedition

5. Tag des 1. Poena im Jahre 33 n. A. III
 
Herzöglich-Ostarische Expeditionsflottille kehrt erfolgreich zurück
 
Ausgelassene Freude herrschte am 5. Tag des 1. Poena, einem Heliostag, im Jahre 33 n. A. III in Ankur, der Kapitale des Herzogtums Ostarien. Straßen und Häuser waren mit bunten Fahnen und Wimpeln geschmückt. Auf den Marktplätzen boten Händler maritime Andenken und Pretiosen wie Schiffsmodelle, Korallen und Dreispitze zum Verkauf feil. Die Gasthäuser führten heuer vor allem frischen (Fluß-) Fisch auf der Speisekarte und die Marine warb mit allerlei Plakaten für eine glanzvolle Karriere auf einem der Schiffe seiner Erlaucht Herzog Angilberts I.. Währenddessen versammelte sich eine riesige, begeisterte Menschenmenge am Tor des Marinestützpunktes im Kriegshafen, um die Ankunft der weitgereisten Helden der nach nahezu einjähriger Reisedauer heimgekehrten Expedition zu feiern, welche bereits am Abend zuvor mit der Kriegskogge Brassach und dem bewaffneten Fischereifahrzeug Wellenreiter in Ankur angelangt waren. Zunächst war die Sorge, was mit der Redon, dem dritten Schiff der Flottille, geschehen sei, groß. Doch wurde schnell bekannt, dass die Kogge bereits zur Kolonialflotte zurückgekehrt war, um Ihren regulären Dienst wieder aufzunehmen. Kapitänin Alfhild Starkarm war jedoch der Einladung des Herzogs gefolgt und auf der Brassach nach Ankur gereist.
Als sich das Tor des Kriegshafens öffnete, erschien zunächst ein Trupp Seesoldaten, der den Weg durch die Menge zum Herzog-Raimund-Platz bahnte. Ihnen folgten Trommler und Musikanten des Seesoldatenregiments. Danach erschien Kommodore Xurlsen Kielholer, und überschwänglicher Jubel brandete dem altgedienten Seehelden entgegen. Ihm folgten die beiden anderen Schiffskommandanten Kapitän Starkarm und Marinehauptmann von Garstfelden sowie andere Offiziere der 1. Herzöglich-Ostarischen Expeditionsflottille. Alle hatten ihre beste Paradeuniform angezogen und die Knöpfe poliert, so dass es eine Pracht war, das Funkeln in der Morgensonne zu betrachten. Hierauf folgten die Mannschaften, alle herausgeputzt in ihren Ausgehjacken, die Zöpfe frisch geflochten und die Halstücher frisch gewaschen. Allen sah man an, dass sie weit gereist waren und viel erlebt hatten.
Müde aber mit zufriedenem und entschlossenen Gesichtsausdruck gelangte der Zug unter den begeisterten Rufen der Ankurer Bürger zur Residenz der herzöglichen Familie, Schloss Flurensteig, wo man im Hof des Schlosses feierlich von seiner Erlaucht, Herzog Angilbert I., Regentin Walluma, dem Ersten Seeherrn Ostariens und weiteren Vertretern der Admiralität empfangen wurde. Feierlich ließ Kommodore Kielholer durch vier kräftige Seeleute eine große Kiste mit dem Schatz überreichen, welcher auf dieser Expedition gewonnen wurde. Es waren die auf dieser Reise gesammelten Berichte, wissenschaftliche Aufsätze, Logbücher und Karten , welche während der Erforschung der Küstenlinie der an die Jolsee angrenzenden Gestade zustande gekommen war. All das würde später gemeinsam von Teilnehmern der Expedition, Experten der Admiralität, Gelehrten im Auftrag des Herzogs und dem Marinekurierdienst ausgewertet und archiviert werden.
 
Der Herzog würdigte die Dienste der Expedition und erklärte, er habe noch nie ein schöneres Geburtstagsgeschenk erhalten, als diesen Beweis des selbstlosen Dienstes am Herzogtum Ostarien, denn in einer Woche würde er das zehnte Lebensjahr vollenden. Schließlich begab man sich zu Tisch in einen der Festsäle des Schlosses. Keiner der anwesenden Matrosen hätte es sich je träumen lassen, mit dem Herzog in einem Saal, wenn auch an einem separaten Tisch zu speisen. Und ein jeder gab sich Mühe, sich möglichst vornehm zu geben, wobei die Meinungen, was als vornehm zu betrachten wäre, bisweilen auseinander gingen.
 
Doch zunächst berichtete Kommodore Kielholer knapp vom Verlauf der Reise. Er erzählte vom Aufbruch vor einem Jahr, von Zwischenlandungen auf dem Herzog-Uriel-II-Atoll sowie in Allerland und Aturien, wo man freundlich aufgenommen wurde und noch einmal Proviant und Wasservorräte aufnehmen konnte. Kielholer erzählte von Stürmen, die man nur um ein Haar überlebt hatte, von kuriosen Meermenschen, die weit draußen auf dem Meer winkend gesichtet wurden und von einem riesigen tentakelbewehrten Meeresungeheuer, das nur durch den konzentrierten Beschuß mit den Schiffsgeschützen vertrieben werden konnte. Zahlreiche Inseln hatte man angelaufen. Teils waren diese unbewohnt, einmal war man auf ein Volk von friedlichen zwergwüchsigen Wilden gestoßen, die all ihr Hab und Gut mit den Seeleuten geteilt hatten und ihnen Faßweise seltsame Früchte geschenkt hätten. Ein anderes Mal wäre man nur mit Not einer Horde von Menschen fressenden Riesen entkommen, die drei Mannschaftsmitglieder verspeist hätten. Schließlich gelangte man zu weiteren unbekannten Küsten, die allesamt kartographiert wurden.
Bisweilen war das Landen unmöglich gewesen, andernorts wurde man mal freundlich, mal unfreundlich empfangen. Wann immer möglich wurden Beziehungen geknüpft, das küstennahe Umland erforscht und Exemplare der dortigen Tier- und Pflanzenwelt gesammelt. Als besonders denkwürdiger Ort sei hier das Land Tenogien erwähnt, wo das entsandte Landungsunternehmen in eine regelrechte Feldschlacht verwickelt wurde (siehe Artikel "Auszug aus dem Logbuch der Brassach"), bei welcher der erste Offizier der Brassach, Thure Teerbrenner, im Kampf fiel. Als man sich wieder heimischen Gestaden näherte, habe man zudem weitere Hinweise auf die Position der erstmals von Gouverneur Nilsson entdeckten Pfefferinseln erhalten (siehe Artikel "Fahrtbericht der Ziege von Arnach") und dabei beinahe die Navigatorin, Frau Wolkenstein, einige Männer und ein Beiboot verloren. Schließlich gelangte man zurück zum Herzog-Uriel II-Atoll und von dort aus nach Ankur.
 
Als der Kommodore seinen Bericht beendet hatte, gedachte man gemeinsam feierlich der auf der Reise Verstorbenen. Jareck von Jolberg verkündete die posthume Beförderung aller Gefallenen, was sich vor allem günstig auf die Rente der Hinterbliebenen auswirken würde. Außerdem ließ der Erste Seeherr alle von Xurlsen Kielholer während der Expedition durchgeführten Beförderungen bestätigen.
Danach begann das Festessen. Nach dem letzten Gang zogen sich die Herzogsfamilie, die Vertreter der Admiralität sowie die höheren Offiziere zurück, um sich weiteren Besprechungen zu widmen. Der Rest aber feierte weiter. Die meisten machten sich schließlich auf, um als gefeierte Helden die Straßen Ankurs unsicher zu machen. Bald würde der tägliche Dienstalltag wieder aufgenommen werden, der Abend war noch früh und das Soldsäckel gut gefüllt, was nicht lange so bleiben sollte.
 
Quelle: Heliosbote 57